Ich liebe lange Motorradreisen in ferne Länder und so brach ich im Juli des Jahres 2009 nach einem endlos scheinenden Behördenmarathon wieder einmal auf. Die Reise führte mich durch die Slowakei, die Ukraine, nach Russland, ich durchquerte die Kisilkum in Kasachstan, fuhr ins Tien-Shan Gebirge in Kirgistan, durchquerte Usbekistan, Türkmenistan, den Iran und kehrte über die Türkei wieder zurück in meine Heimat, nach Österreich.
Am 14. Juli startete ich und traf mich mit meinen Kollegen Hans am Mondsee.
Dann ging es weiter am schnellsten Weg durch die Slowakei, in die Ukraine. Für die Ukraine brauchten wir kein Visum, aber es gab ausführliche Zollkontrollen. Die Straßen waren passabel, das Land wurde immer flacher und wegen der Weite und Hitze war auch das Fahren sehr ermüdend.
Wir waren fasziniert von der Weite und von der Fruchtbarkeit des Landes. Die Menschen, meist sehr freundlich waren oft scheu. Die Konversation gestaltete sich fast immer schwierig, aber mit Bildern ließ sich so einiges erklären. Der Grenzübertritt nach Russland gestaltete sich langwierig und beschwerlich. Am sinnvollsten war die ärztliche Untersuchung. Eine mürrische Ärztin schaute mir in den Rachen und fragte etwas. Ich zuckte die Achseln, sie sagte „charascho“ und ich war fertig.
In Russland schien es nur eine einzige asphaltierte Strecke zu geben, verließ man diese befand man sich augenblicklich auf einer Piste. Die Landschaft unterschied sich kaum von der in der Ukraine, alles war unvorstellbar weit. Wir suchten einen Platz zumSchlafen und durften im Garten bei Anatoli unsere Zelte aufschlagen. Der einzige Nachteil war, dass unendlich lange, schwere Güterzüge an seinem Haus vorbei donnerten.
Unser Weg führte nach Südosten, wir überquerten den Don, die Wolga. Die Nebenstraßen in diesem Gebiet waren mit unseren schweren Maschinen kaum befahrbar. Stundenlang kämpften wir uns durch tiefen Sand, bis wir uns schließlich nach Tagen der kasachischen Grenze näherten.
Nach 8 Tagen hatten wir es geschafft. Wir überquerten die Grenze zu Kasachstan.
Die Straßen hier waren noch schlechter als in Russland, aber zumindest nicht sandig oder besser gesagt im Augenblick noch nicht. Das forderte auch seinen Tribut, so verlor Hans‘ durch einen Ausrutscher angeschlagener Koffer schließlich seinen Boden. Aber auch da half man schnell und unbürokratisch und zu einem angemessenen Preis.
Die Fahrt war äußerst anstrengend, es ging stundenlang geradeaus, die Hitze war kaum zu ertragen, kein Baum, kein Busch weit und breit unter dem man Schatten gefunden hätte.
Die Straßen wurden immer schlechter, wir näherten uns der Kizilkum. Bei Hans‘ Yamaha ging der hintere Stoßdämpfer ein, wir suchten eine Werkstatt und auch hier half man uns noch am selben Abend. Um 3 Uhr in der Früh war der Dämpfer ausgebaut, die Halterungsöse wieder angeschweißt und schließlich wieder eingebaut. Den Rest der Nacht verbrachten wir auf Pritschen in der Werkstatt. Müde und erleichtert setzten wir am nächsten Morgen unsere Fahrt fort.
Die Straße wurde immer schlechter und so war es nicht verwunderlich, dass auch ich von einer Reifenpanne heimgesucht wurde. Gott sei Dank hatten wir vom Flickzeug über die Luftpumpe bis zum Reservereifen alles mit an Bord.
Von Straßen konnte man jetzt nicht mehr reden, es waren nur noch schlechte Pisten, wir waren in der Kizilkum angekommen. Nur mit Mühe und äußerster Konzentration konnten wir den LKW-Spuren im Sand folgen und ab und an mussten wir diese Spur verlassen, wenn der Sand zu tief wurde, damit wir uns nicht eingruben.
Wir kamen jetzt kaum vorwärts, die Sonne brannte erbarmungslos vom Zenit herab. Am Abend wollten wir unsere Zelte aufschlagen, aber wir wurden von einem LKW-Fahrer weitergeschickt zur nächsten Siedlung, dort seien wir vor den Schakalen sicher, meinte er. Gegen 1 Uhr in der Früh erreichten wir die Siedlung und schlugen unsere Zelte auf.
In dieser Hitze benötigten wir deutlich mehr Wasser als wir angenommen hatten und so mussten wir auf unserem Weg bei ein paar Häusern nach Wasser fragen. Das Wasser war trüb und schmeckte etwas eigenartig, aber wir waren froh, dass wir überhaupt Wasser bekommen hatten und schließlich vertrauten wir voll und ganz auf Mikropur.
Nach einer angenehm kühlen, aber kurzen Nacht, wurden wir am nächsten Morgen noch mit Trinkwasser versorgt, dann setzten wir unsere Fahrt fort. Sehr viel Hoffnung und Vertrauen flößten uns die Wrackteile, die immer wieder in der Wüste liegen geblieben waren, nicht ein.
Gegen Mittag erreichten wir schließlich abgekämpft und erschöpft Aralsk und wurden mit den Worten „Mc Gregor was here“ begrüßt.
Die sandige Passage hatte der Kette an der Yamaha den Rest gegeben, auch das Antriebsritzel und der Zahnkranz am Hinterrad waren hinüber. Hans hatte lediglich eine neue Kette mit, also musste er über Österreich ein neues Zahnrad und ein Antriebsritzel bestellen und alles nach Tashkent schicken lassen.
Bei einer Poizeikontrolle vor Quizilorda wurden wir von einem Herrn angesprochen und zum Essen eingeladen, auch konnten wir bei der Familie übernachten. Am Abend gab es Nudeln mit gekrochen Fischköpfen als Vorspeise, anschließend einen gekochten Schafskopf, den wir aber ablehnten.
Hans kam mit seinen Antriebsproblemen gerade noch bis Shimkent, dann wurde mit vereinten Kräften die neue Kette eingespannt. Hans musste ein paar Tage warten, bis er nach Usbekistan einreisen durfte, weil sein Visum noch nicht gültig gewesen war, ich konnte ihm nicht folgen, weil ich nur eine Einmaleinreise hatte, ich aber vorher unbedingt noch nach Kirgistan wollte. Also trennten sich unsere Wege vorerst einmal.
Ich machte mich auf weiter nach Osten, zunächst nach Almaty.
Ich verbrachte auch einen Badetag am Ilestausee.
In Almaty war es höchste Zeit, die Reifen zu wechseln, was sich etwas schwierig gestaltete, hatte ich doch meine Reifen mit einem Spanngurt auf dem Motorrad befestigt. Leider hatte ich nicht bedacht, dass es vielleicht besser gewesen wäre, ein Stück Holz in den Reifen zu klemmen, damit er nicht so flachgedrückt wird. So konnten wir zwar den Reifen montieren, aber selbst in einer Werkstatt mit einem Kompressor konnten wir den Reifen nicht aufpumpen. Erst, als ich den Spanngurt radial um den Reifen gespannt hatte und zusätzlich noch etwas Petroleum an der Wange des Reifens angezündet hatte, ließ sich Luft einpumpen. Irgendwo am Straßenrand bei einem Platten hätte ich da nie und nimmer den Reifen aufpumpen können.
Dann suchte ich den Sharin Canyon und verbrachte eine Nacht im Canyon. Im Canyon traf ich ein paar Landsleute aus Oberösterreich, die mit einem Leihauto unterwegs gewesen waren.
Am nächsten Tag erreichte mich die Nachricht, dass Hans gut in Tashkent angekommen ist, was mich sehr erleichtert hat.
Der Übertritt an der Grenze selbst war sehr einfach und unbürokratisch. Der Zöllner bei der Einreise fragte mich: „Can you write?“, und hielt mir ein kyrillisch gedrucktes Formular unter die Nase. Ich: „No!“ Darauf erwiderte er: „So I write, you pay!“ Ich: „O.k., how much?“ “ 5 Dollars.“ „O.k.“, sagte ich, worauf er noch Tee kommen ließ. Nach wenigen Minuten war ich dann abgefertigt. (Dieser Grenzübergang wurde übrigens ein Jahr später von den Kasachen geschlossen und kann seit damals nicht mehr benützt werden.) Wenige Kilometer hinter der der kirgisischen Grenze hatte ich einige Probleme, weil ich keine Dollar dabei hatte und irgendeinen Wegzoll in Dollar bezahlen sollte. Dima, ein Anwalt aus Almaty half mir dann aus.
Ich fuhr bis Karakol und war über den Fremdemverkehr in dieser Stadt einigermaßen überrascht. Hier traf ich vor allem Rucksacktouristen aus allen möglichen Ländern.
Am nächsten Morgen brach ich auf ins Tien-Shan Gebirge und kletterte immer höher mit meinem Motorrad. Schon bald schlug das Wetter um, starker Wind kam auf, es blitzte vor mir und über mir und unter mir und hinter mir, es donnerte, es begann zu regnen, begann zu hageln.
Ich war jetzt etwa auf 4000 Metern über dem Meer, es gab nichts Schützendes in der Nähe, also kehrte ich um und versuchte nach Karakol zurückzukehren. Spät in der Nacht erreichte ich Karakol, durchnässt und durchfroren, aber ohne andere Schäden.
Am nächsten Tag ging es weiter, entlang des Yssikol-Sees in Richtung Tashkent. Teilweise war die Landschaft atemberaubend, aber die Straßen waren schlecht.
Ich fuhr über die Grenze und suchte einen Platz zum Schlafen. Als ich am Straßenrand mein Zelt aufschlagen wollte, sprach mich jemand an und lud mich ein.
Am nächsten Tag erreichte ich Tashkent und machte mich auf die Suche nach Hans. Nach Stunden konnte ich ihn mit Hilfe eines Taxifahrers aufspüren. An ein Wiedersehen in Tashkent hatte ich schon nicht mehr geglaubt.
Noch am selben Abend wurden wir zu einer Besichtigung von Tashkent mitgenommen und anschließend zum Essen eingeladen. Was mir in besonderer Erinnerung geblieben ist, war die U-Bahn von Tashkent. Da war jede Station wie ein Kunstwerk gestaltet, nur leider war das Fotografieren verboten.
Am nächsten Morgen deckten wir uns am Markt mit Essen ein und brachen dann auf nach Samarkand.
Samarkand, ein Märchen aus 1000 und einer Nacht!
Wir besuchten Timur Lenk, oder Timür, was vom türkischen temür kommt und „Eisen“ bedeutet. Timur ließ um 1400 Teile des alten Samarkand niederreißen und begann mit dem Neubau.
Ein Ergebnis ist der Registan, einer der prächtigsten Plätze Mittelasiens und einer der schönsten Plätze, die ich bisher in meinem Leben gesehen habe.
Am nächsten Tag ging es weiter nach Buchara, ebenfalls eine wunderschöne Stadt mit alten und sehr beeindruckenden Bauten. In der tief stehenden Abendsonne erreichten wir den Ort. Golden leuchteten die majestätischen Bauten.
Wir nahmen uns Zeit und schlenderten noch am selben Abend und auch am darauffolgenden Tag durch die malerische Altstadt.
Am späten Nachmittag packten wir und machten uns wieder auf den Weg, diesmal in Richtung Turkmenistan. Der Grenzübertritt war mühsam, wollte uns doch ein Zöllner nicht einreisen lassen, was er uns mit den englischen Worten: „I am the law and you cannot enter my country!“, mitteilte. Erst nach Stunden des Wartens durften wir dann einreisen, aber auch in Turkmenistan trafen wir sehr freundliche Leute!
Wir erreichten Ashgabat, die übernatürlich großzügige Hauptstadt mit Prunkbauten enormer Größe.
Am nächsten Tag überquerten wir die Grenze zum Iran, kurz vorher fing mein Bulle aber zu röhren an und verlor enorm an Leistung. Im ersten Dorf hinter der Grenze sah ich, dass der Ansaugstutzen herunter gerutscht war und deshalb falsche Luft angesaugt wurde. Mit wenigen Handgriffen war das Problem gelöst. Allerdings musste ich einen Kabelbinder an Stelle der originalen Schlauchklemme von BMW nehmen, weil man zum Öffnen und zum Schließen ein Spezialwerkzeug benötigt. Ein echter Nachteil bei einem solchen Tourenmotorrad. Wir fuhren noch ein Stück an diesem Tag und suchten uns dann ein Zimmer. In welche Stadt oder in welchen größeren Ort wir kamen, sofort waren Leute da, viele Leute, die uns fotografieren, die mit uns reden, die uns einladen wollten. Nicht nur einmal wurde eine solche Ansammlung von Menschen von der Polizei aufgelöst.
Wir durchquerten den Iran und weil die Entfernungen sehr weit und unsere Zeit etwas knapp bemessen war, wagten wir uns mit unseren Motorrädern auf die Autobahn. Bei der Auffahrt konnten wir deutlich die riesigen Schilder „Fahrverbot für Motorräder“ erkennen, wir waren aber der Meinung, dass das lediglich die kleinen Motorräder mit maximal 250 ccm betreffen konnte und nicht uns. Tatsächlich überholten wir dann auch die eine oder andere Polizeistreife und niemand nahm auch nur im Geringsten Anstoß an unserem Treiben.
Bei der Rast an einer Suppenküche wurden wir wieder einmal eingeladen. Mir war das richtig peinlich, mussten doch die Iraner alle für ihre Suppe bezahlen.
Unser Weg führte uns weiter in Richtung Westen. Schließlich tauchte der Ararat vor uns auf, wir verließen den Iran.
Auch in der Türkei waren wir von der Freundlichkeit der Menschen überwältigt. Überall wurden wir freundlich bedient, freundlich aufgenommen, wurde uns selbstlos geholfen. Als Hans‘ Yamaha in der Nähe von Mus den Geist aufgab brachte ein Bauer das Motorrad auf seinem Traktor in die Stadt.
Schließlich musste ich meinen Weg alleine fortsetzen. Aber die Freundlichkeit der Menschen, die Gastfreundschaft ließen mich meinen Kollegen Hans nicht zu stark vermissen.
In der Türkei besuchte ich noch Göreme, fuhr auf den Nemrut dag. Ganz im Westen verbrachte ich noch ein paar Tage am Meer und kehrte dann mit wunderschönen Eindrücken in mein Heimatdorf zurück.